Gemeinde Schefflenz

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Gemeinde Archiv

Mitteilungen aus dem Gemeindearchiv - Viehmarktordnung von 1816

Gleichzeitig mit den Krämermärkten im Juli und November, deren Abhaltung in diesem
Jahr ihr 200-jähriges Jubiläum feiert, wurden in Oberschefflenz auch Viehmärkte
abgehalten. Und wie für die ersteren (vgl. dazu den Schefflenzer Boten 27/2016) gab
es auch für die Viehmärkte eine eigene Marktordnung. Auch diese stammt aus dem
Jahr 1816, dem Jahr der ersten Abhaltung. Sie ist ebenso im Gemeindearchiv erhalten
wie eine Abschrift der Viehmarktordnung von Adelsheim aus dem Jahr 1783, die für
die Schefflenzer Ordnung offensichtlich als Muster diente.
In den zwölf Paragraphen finden sich u. a. die folgenden Bestimmungen: Der Markt
begann vormittags um halb zehn und dauerte bis nachmittags vier Uhr. So lange
musste das angebotene Vieh auf dem Markt bleiben, es sei denn, es wurde verkauft.
Für die Teilnahme am Markt musste nur dann eine Gebühr bezahlt werden, wenn
etwas verkauft wurde. Ein Verkauf musste auf dem Rathaus protokolliert werden,
Verkäufer und Käufer mussten dabei anwesend sein. Merkwürdig ist die Bestimmung,
dass im Fall eines Verkaufs der Käufer dem Verkäufer ein Trinkgeld zu entrichten
hatte, und zwar für ein Pferd 30 Kreuzer, ebenso viel für ein Paar Ochsen, von jedem
anderen Stück Vieh 15 Kreuzer.
Verkäufer, die wegen der Entfernung den Markt nicht am Markttag erreichen konnten,
konnten ihr Vieh bei Oberschefflenzer Bauern in deren Ställen oder Scheunen
unterstellen, natürlich gegen ein Entgelt für Hafer und Heu. Auf diese Weise konnten
auch sonst nicht beteiligte Oberschefflenzer etwas verdienen. Eine Marktwache
wachte über die Einhaltung der Ordnung. Wurde sie bei Streitigkeiten gerufen, so
musste der Rufende der Wache 10 Kreuzer zahlen. Die Wache brachte die
streitenden Parteien vor den Richter in das Rathaus, und der unterliegende Teil
musste u. U. die zehn Kreuzer ersetzen.
Trug das verkaufte Paar Ochsen Joche, so blieben die nach dem Verkauf bei den
Tieren. Dasselbe galt für eine Kuh mit einem „Saugkalb“ oder für eine Stute mit einem
„Saugfohlen“.
Zwei Paragraphen beziehen sich auf eine auf dem Markt vertretene Personengruppe,
nämlich auf die Makler oder „Schmußer“, wie sie in unserer Gegend genannt wurden.
Der Verfasser dieses Artikels kennt den Ausdruck noch aus seiner Jugend. Roedder
bezeichnet das Wort in seinem Dialektlexikon als „jüdisches Lehnwort“ (dort Schmuser
geschrieben). Die Schmußer vermittelten zwischen Verkäufern und Käufern, durften
das allerdings nur, wenn einer der Beteiligten darum bat. In diesem Fall bekam er für
das Zustandekommen eines Pferdeverkaufs 30 Kreuzer, ebenso viel für den Verkauf
eines Paars Ochsen – diese wurden in der Regel als Zugtiere verkauft, und weil sie
aneinander gewöhnt waren, offensichtlich gewöhnlich als Paar. Für einen Stier erhielt
der Schmußer 24 Kreuzer, und für jedes weitere Stück Vieh 15 Kreuzer. Wurde er von
beiden am Verkauf beteiligten Parteien gerufen, konnte er jeweils das Doppelte
verlangen.
Auch kam es wohl vor, dass Kinder oder Knechte mit dem Vieh auf den Markt
geschickt wurden. In diesem Fall musste der Eigentümer im Fall des Verkaufs
ausdrücklich den Kauf genehmigen. Wie das erfolgen sollte, ist in der Marktordnung
leider nicht beschrieben.
Die Archivpfleger Dr. K. W. Beichert und M. Böhm