Gemeinde Schefflenz

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Auswanderung aus Mittelschefflenz

Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich die Not bei dem ärmeren Teil der Bevölkerung unserer Dörfer noch einmal verschlimmert. Als Ausweg bot sich für viele Betroffene die Auswanderung an. Als Hindernis stellte sich aber vielen Auswanderungswilligen die Tatsache in den Weg, dass sie oft Schulden hatten. Mit Schulden bekam man keine Auswanderungsgenehmigung. Der Verkauf mobilen und immobilen Eigentums, wenn solches überhaupt vorhanden war, reichte in der Regel nicht aus, um die Schulden abzutragen. Bei sogenannten Tagfahrten, also Terminen, bei denen die Beteiligten, Gläubiger und Schuldner sowie die Gemeindeverwaltung zusammenkamen, wurde versucht, Vergleiche zu erzielen.

Als Beispiel sei hier ein Bürger aus Mittelschefflenz genannt, der bei drei Privatpersonen aus dem Dorf, bei der Zehntkasse, beim evangelischen Heiligenfond, bei der Gemeindekasse und bei Geschäftsleuten in Kleineicholzheim (bei mehreren), Mosbach, Merchingen, Oberschefflenz, auf dem Willenbacherhof, in Billigheim und Eberstadt Schulden hatte. Die Gemeindeverwaltung unter Bürgermeister Weber stellte diese und die für alle anderen zusammen und sorgte bei dem genannten Termin für eine Bereinigung. Wie das im Einzelnen geschah, ist leider nicht überliefert. Jedoch geht aus den Akten hervor, dass die Gläubiger oft mit einer Minderung oder gar Löschung ihrer Ansprüche einverstanden waren und dass im Zweifelsfall die Gemeindekasse eintrat. Die Schuldner wurden „von den Gläubigern freigegeben“, wie es in den Dokumenten heißt.

Als weitere Kosten kamen auf die Gemeinde zunächst einmal die Ausstattung ihrer Auswanderer mit ordentlicher Kleidung und mit Schuhen zu. Die Rechnungen der betreffenden Schneider und Schuster sind erhalten. Stärker ins Gewicht fielen aber dann die eigentlichen Reisekosten, z. B. für die 12 Personen, die im Jahr 1847 aus Mittelschefflenz auswanderten. Die Organisation des ganzen Vorgangs wurde einem Unternehmer übertragen, Martin Knecht. Er bestritt zunächst die Kosten, die bei dem Transport der Auswanderer von Mittelschefflenz bis nach Antwerpen anfielen. Dazu gehörten die Summen, die für die Verköstigung in Neckarelz, Heidelberg, Mannheim, Köln und Antwerpen aufzubringen waren. Die Transportkosten per Schiff von Neckarelz bis Heidelberg, mit der Eisenbahn von Heidelberg nach Mannheim, von Mannheim bis Köln mit dem Dampfschiff und von Köln bis Antwerpen mit der Eisenbahn. Sogar die Verluste, die beim Geldwechsel auftraten, wurden von Knecht aufgeführt. Und natürlich dann auch seine eigenen Kosten für die Rückfahrt von Antwerpen nach Mittelschefflenz. Den größten Batzen machte er Preis für die Überfahrt von Antwerpen nach Amerika aus: 936 Gulden und 46 Kreuzer, diese incl. der Verpflegung auf dem Schiff.

Alle diese Kosten konnte die Gemeinde nicht bar bezahlen. Sie musste dafür Kredite aufnehmen. Gläubiger der Gemeinde wurden auf diese Weise ein reicher Wirt aus Mittelschefflenz, bei dem die Gemeinde rund 1100 Gulden aufnahm, weitere Privatpersonen mit kleineren Summen und mit 1000 Gulden ein Martin Stern in Mosbach.